Vortrag: KI unter Kontrolle – Menschlichkeit bewahren
Im Rahmen der 36. Duderstädter Gespräche wurde ich zu einem Vortrag zum Thema „KI unter Kontrolle – Menschlichkeit bewahren. Ethische, moralische und theologische Perspektiven“ angefragt.
Weil ich öfter nach dem Manuskript gefragt wurde, kannst du hier den Vortrag durchlesen und anhören.

KI unter Kontrolle – Menschlichkeit bewahren.
Ethische, moralische und theologische Perspektiven.
Vortrag von Digitalpfarrer Christoph Martsch-Grunau für die 36. Duderstädter Gespräche
1. Einstieg: Ein persönlicher Blick
Ich liebe Technik.
Mein Smartphone kennt meine Vorlieben manchmal besser als ich selbst.
Es schlägt mir vor, was ich hören, lesen oder essen könnte –
und oft liegt es damit erschreckend richtig.
Diese Bequemlichkeit ist faszinierend.
Technik erleichtert unser Leben,
macht vieles schneller, bequemer
und manchmal auch besser.
Aber – und das ist der Punkt –
was gebe ich auf,
wenn ich all diese Bequemlichkeit zulasse?
Was verliere ich,
wenn ich mich zu sehr auf Systeme verlasse,
die ich nicht wirklich verstehe?
Und was passiert mit meiner Verantwortung,
wenn ich Entscheidungen an Maschinen delegiere?
Als Digitalpfarrer in der oldenburgischen Kirche
nutze ich KI regelmäßig,
selbst beim Schreiben meiner Predigten.
Ich lasse mir Ideen liefern,
Formulierungen vorschlagen
und passende Bibelstellen ergänzen.
Es spart Zeit.
Es ist praktisch.
Manchmal überrascht mich die Qualität der Vorschläge –
ich denke dann:
„Wow, das hätte ich so nicht besser sagen können.“
Aber dann halte ich inne:
Ist das noch meine Predigt?
Oder verlasse ich mich zu sehr auf die Maschine?
Die Grenze zwischen Unterstützung und Bequemlichkeit ist schmal.
Wenn wir uns zu sehr auf Technik verlassen,
rutschen wir in den sogenannten Automation Bias –
die Tendenz, Entscheidungen von Maschinen
nicht mehr zu hinterfragen.
„Wenn es die KI vorschlägt, wird es schon richtig sein“ –
ein gefährlicher Gedanke.
Was passiert dann mit meiner Verantwortung als Seelsorger?
Als Mensch?
Wenn ich die sorgfältige Reflexion an die Technik abgebe,
verliere ich nicht nur Kontrolle –
ich verliere ein Stück von mir.
Ich bin damit nicht alleine.
Das Navi schickt uns auf einen Umweg,
aber wir folgen blind.
Der Streaming-Dienst empfiehlt einen Film,
den wir nicht wirklich sehen wollten,
aber einschalten, weil es bequem ist.
Klingt harmlos.
Doch übertragen auf wichtige Entscheidungen –
bei Kreditvergaben, medizinischen Diagnosen
oder politischen Entscheidungen –
wird es brisant.
Was geschieht, wenn wir verlernen,
Entscheidungen zu hinterfragen?
Mir wurde für heute Abend diese Frage mitgegeben:
Wie können wir auf den Einsatz von KI Einfluss nehmen,
um unsere Menschlichkeit zu bewahren?
Wie behalten wir Kontrolle, Verantwortung
und das, was uns als Menschen ausmacht:
Nachdenken, Fühlen, Hinterfragen und Entscheiden?
Heute geht es nicht um Technikfeindlichkeit –
sondern um bewussten Umgang,
um Haltung, um Mut zur Verantwortung.
Ich bin kein Systematiker, Ethiker oder Dogmatiker an der Uni.
Daher nehme ich heute eine praktische Perspektive ein,
als Digitalpfarrer und Bürger dieses Landes.
Ich habe ein paar ethische, moralische und theologische Brillen
für das Thema mitgebracht.
Lassen Sie uns diese gemeinsam aufsetzen.
2. Menschlichkeit im Zeitalter der KI
Die Bibel sagt: „Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde.“ (Genesis 1,27)
Jeder Mensch hat unveräußerliche Würde.
Doch was passiert, wenn Maschinen beginnen,
Entscheidungen zu treffen,
die früher dem Menschen vorbehalten waren?
Bleibt dann noch Raum für diese Würde?
Papst Franziskus warnt:
„Technologie darf niemals das Herz des Menschen ersetzen.“
Auch der Deutsche Ethikrat betont
in seiner Stellungnahme zur Künstlichen Intelligenz,
dass Technik niemals menschliche Verantwortung ablösen darf
und fordert, dass der Mensch immer
„letzte Kontrollinstanz“ bleiben muss.
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD)
mahnt in ihrem Impulspapier „Verantwortliche Digitalisierung“,
dass Technologie nicht zum Selbstzweck werden darf,
sondern stets der Wahrung der Menschenwürde
und dem Gemeinwohl verpflichtet sein muss.
Technik, so beeindruckend sie sein mag,
kann niemals die moralische Verantwortung eines Menschen tragen.
Technik darf helfen – aber nicht entmenschlichen.
Wir stehen heute an einem Wendepunkt:
Wird KI zum Werkzeug, das das Leben bereichert –
oder zur Macht, die uns kontrolliert?
KI unter Kontrolle halten bedeutet nicht,
den Fortschritt zu bremsen.
Es heißt, ihn verantwortlich zu gestalten.
Menschlichkeit bewahren bedeutet,
nicht nur nach Effizienz zu streben,
sondern Empathie, Werte und Verantwortungsbewusstsein
in den Mittelpunkt zu stellen.
Die biblische Theologie liefert hier eine Grundlage.
Sie fragt nicht nur nach dem „Wie?“ des technischen Fortschritts,
sondern vor allem nach dem „Warum?“ und „Wozu?“.
Die Schöpfungsgeschichte schildert im 1. Buch Mose,
dass der Mensch als Ebenbild Gottes geschaffen ist (Genesis 1,27).
Dieses Ebenbildsein ist nicht nur ein Status –
es ist ein Auftrag.
Der Mensch soll in Verantwortung handeln,
die Schöpfung bewahren und mit Weisheit herrschen (Genesis 2,15).
Verantwortung bedeutet hier:
Nicht alles, was möglich ist, soll auch getan werden.
Technik darf nie den Menschen ersetzen, sondern muss ihm dienen.
Einfluss auf den Einsatz von KI zu nehmen
ist deshalb nicht nur eine Frage der Technikregulierung,
sondern ein Ausdruck unserer gottgegebenen Verantwortung.
Wir tun es, weil wir als Geschöpfe berufen sind, das Leben zu schützen, Gerechtigkeit zu fördern und Beziehungen zu wahren.
Wie es nicht geht, zeigt der Turmbau zu Babel (Genesis 11).
Die Menschen wollten sich einen Namen machen
und den Himmel erreichen – ohne Gott, ohne Maß.
Das Ergebnis: Zerstreuung und Sprachverwirrung.
Die Geschichte mahnt:
Technik ohne Demut,
ohne Besinnung auf die eigenen Grenzen
führt in die Isolation, nicht in den Fortschritt.
Wir sollen gestalten – aber nicht übermütig werden.
Wenn wir heute KI entwickeln, müssen wir uns fragen:
Fördert sie Gemeinschaft oder trennt sie uns?
Macht sie das Leben gerechter
oder bequemer auf Kosten anderer?
Die Theologie mahnt zur kritischen Nutzung:
Fortschritt darf nicht zum Götzen werden.
Der Mensch bleibt vor Gott verantwortlich –
für das, was er erschafft,
und für die Folgen seines Handelns.
Wir nehmen Einfluss,
weil Gleichgültigkeit keine Option ist.
Wir setzen uns ein, weil wir glauben:
Technik soll Leben ermöglichen, nicht dominieren.
Gott hat uns Verstand und Kreativität geschenkt,
um das Leben zu fördern.
Diesen Auftrag dürfen wir nicht leichtfertig aus der Hand geben.
Technik gehört zur Mitgestaltung der Schöpfung.
Doch dieser Auftrag ist zweifach: bebauen und bewahren.
Wir sollen kreativ sein, aber auch Grenzen erkennen.
Ein Schöpfer, der zerstört, widerspricht Gottes Intention.
Die Propheten prangerten immer wieder Strukturen an,
die den Menschen unterdrücken – das gilt auch für KI:
Wenn Technik Machtstrukturen zementiert
oder Menschen entmenschlicht,
handeln wir gegen Gottes Gerechtigkeitsgebot.
Wenn wir KI unreflektiert nutzen, riskieren wir,
Gottes Geschenk der Freiheit und Verantwortung aufs Spiel zu setzen.
Doch setzen wir sie weise ein, kann KI ein Werkzeug des Guten sein:
Sie kann Leben retten, Gemeinschaft fördern und Gerechtigkeit ermöglichen.
Unser Einfluss ist Ausdruck unseres Glaubens
an einen Gott, der uns Verantwortung zutraut.
Deshalb gilt: Wir handeln, weil wir gerufen sind,
das Gute zu suchen und die Schöpfung in all ihren Facetten zu achten.
3. Chancen der KI – Unterstützung statt Entmündigung
Die ökumenische Jahreslosung lautet:
„Prüft alles, das Gute behaltet“ (1. Thessalonicher 5,21).
Dieser Satz könnte das Motto
für unseren Umgang mit Künstlicher Intelligenz sein.
Die Aufforderung ist klar:
Wir sollen offen sein für Neues,
aber mit wachem Geist prüfen, was gut ist –
und was nicht.
Der Deutsche Ethikrat macht es deutlich:
Künstliche Intelligenz ist dann sinnvoll,
wenn sie dem Menschen dient und seine Würde achtet.
Klingt selbstverständlich, oder?
Aber stellen Sie sich vor:
Ein Algorithmus entscheidet,
ob jemand einen Kredit bekommt oder nicht.
Oder ob ein Bewerber überhaupt zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird.
Genau hier setzt der Ethikrat an.
In seinen aktuellen Stellungnahmen fordert er mit Nachdruck:
Entscheidungen, die Menschen betreffen,
dürfen nicht im Dunkeln getroffen werden.
Transparente Prozesse, nachvollziehbare Algorithmen
und eine klare Haftung sind unverzichtbar.
Warum? Weil es um Vertrauen geht –
und Vertrauen entsteht nur, wenn wir verstehen,
wie Entscheidungen zustande kommen.
Niemand möchte das Gefühl haben,
einer Black Box ausgeliefert zu sein.
Der Ethikrat warnt davor,
dass wir uns zu sehr an automatisierte Systeme gewöhnen.
Diese Warnung ist berechtigt:
Wenn wir blind folgen, geben wir Verantwortung ab.
Wenn wir uns zurücklehnen,
weil „die Maschine das schon regelt“,
verlieren wir Autonomie.
Die EKD bringt es auf den Punkt:
„Technik muss dem Gemeinwohl dienen
und darf den Menschen nicht entmündigen.“
In der Praxis ist es das nicht immer selbstverständlich.
Neue digitale Tools verändern den Arbeitsmarkt,
während einige Bevölkerungsgruppen den Anschluss verlieren.
Genau davor warnt die EKD.
Solidarität, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit
dürfen keine schönen Worte bleiben –
sie müssen zur Richtschnur für den Umgang mit Künstlicher Intelligenz werden.
Technologie darf Menschen nicht entmündigen.
Jeder muss das Recht haben, zu verstehen, was um ihn oder sie herum passiert.
Wenn wir es zulassen, dass Technik undurchsichtig bleibt,
riskieren wir eine digitale Spaltung.
Die Kirchen sollten sich hier als Brückenbauerinnen sehen:
Nicht nur warnen, sondern unterstützen –
Menschen befähigen, Technik kritisch zu hinterfragen und mutig zu nutzen.
Es geht nicht darum, Innovationen zu stoppen.
Es geht darum, dafür zu sorgen, dass niemand abgehängt wird.
Technik ist für die Menschen da – nicht umgekehrt.
Auch hier klingt die Jahreslosung an:
„Prüft alles, das Gute behaltet“ (1. Thessalonicher 5,21).
Wir dürfen die Chancen nutzen – aber nur unter Bedingungen,
die der Menschlichkeit nicht schaden,
Transparenz fördern und die Gerechtigkeit stärken.
Die Kombination aus sorgfältigem Prüfen, ethischer Reflexion
und aktiver Mitgestaltung ist der Weg,
um Technologie menschenfreundlich zu gestalten.
Chancen gibt es viele, davon haben Sie bereits gehört
und werden Sie die kommenden Tage einiges hören:
KI unterstützt im Alltag, übernimmt monotone Aufgaben,
schafft Raum für zwischenmenschliche Begegnungen.
In der Medizin zum Beispiel helfen Algorithmen dabei,
Krankheiten schneller zu erkennen.
Das entlastet Ärzt:innen und schenkt ihnen Zeit für das,
was Technik nicht kann:
zuhören, Trost spenden, empathisch begleiten.
Hier dient KI dem Menschen – nicht umgekehrt.
Auch in meiner Arbeit als Digitalpfarrer erlebe ich das täglich.
Ich erkunde bewusst die vielen Facetten von KI –
nicht aus reiner Neugier,
sondern um zu verstehen,
was die Kirche davon haben könnte.
Ich probiere Anwendungen aus,
analysiere ihre Möglichkeiten und Grenzen
und gebe dieses Wissen weiter.
Mir ist wichtig, dass wir als Kirchen nicht den Anschluss verlieren,
sondern Menschen befähigen, mit diesen Technologien umzugehen.
Meine Motivation ist es, Entmündigung zu verhindern.
Wenn jemand sagt:
„Das ist mir zu kompliziert“ oder „Das ist eh nichts für mich“,
möchte ich Mut machen.
KI ist kein Hexenwerk – aber sie verlangt von uns, genau hinzuschauen.
Prüft alles – das Gute behaltet.
Genau darum geht es:
Technik darf uns unterstützen,
aber nicht unsere Verantwortung abnehmen.
4. Wie behalten wir die Kontrolle über KI?
Wo Licht ist, da ist auch Schatten.
Wir müssen uns fragen:
Wer kontrolliert die Technologie?
Wer profitiert – und wer leidet?
Um das zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf drei entscheidende Bereiche:
Politik, KI-Anbieter und das Individuum.
Politik – Wächter oder Zuschauer?
Politik hat die Aufgabe, Regeln zu setzen und Missbrauch zu verhindern.
Aber passiert das immer rechtzeitig?
Schauen wir auf die USA: Elon Musk setzt mit seiner DOGE-Behörde
KI im großen Stil ein, angeblich um den amerikanischen Staatsapparat zu verbessern. Was in Wirklichkeit passiert?
Er nutzt die Technologie,
um Strukturen nach seinen Vorstellungen umzubauen –
unter Umgehung demokratischer Prozesse.
Die Daten werden ohne jegliches Datenschutzverständnis in eine KI gepumpt.
Ungefragt. Von über 500 Millionen Amerikaner:innen.
Hier zeigt sich die Gefahr:
Wenn KI in die falschen Hände gerät, wird sie ein Instrument der Macht.
Stoppen lässt sich ein solcher Einsatz nur durch Justiz und Politik –
wenn sie handeln wollen.
Die Frage ist: Wann greift der Staat ein? Und wann schaut er weg?
KI-Anbieter – Innovation oder Eigeninteresse?
Unternehmen, die KI entwickeln, stehen unter enormem Innovationsdruck.
Der Markt ist schnell, Konkurrenz groß.
Was passiert, wenn ethische Bedenken dem Profit im Weg stehen?
Biases – also Vorurteile in den Daten – schleichen sich schnell ein.
Ein Bewerbungsalgorithmus, der Frauen systematisch benachteiligt?
Passiert.
Eine Kredit-KI, die Menschen in bestimmten Postleitzahlen schlechter bewertet?
Realität.
KI-Anbieter tragen hier eine immense Verantwortung.
Doch ohne Regulierung werden Fehlentwicklungen
aus wirtschaftlichem Eigeninteresse ignoriert.
Wer kontrolliert die Kontrolleure?
Ohne klare Grenzen droht die Technik zum Spielball der Mächtigen zu werden.
Genau hier setzt der EU AI Act an –
das umfassende Regelwerk der Europäischen Union,
um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz zu regulieren.
Ziel ist es, risikoreiche Anwendungen streng zu überwachen,
Transparenzpflichten einzuführen und dafür zu sorgen,
dass KI-Systeme die Grundrechte achten.
Hochrisiko-KI – etwa im Gesundheitswesen
oder bei polizeilichen Anwendungen –
soll strengen Prüfverfahren unterzogen werden.
Für Anbieter bedeutet das:
Sie müssen offenlegen, wie ihre Systeme funktionieren
und welche Daten sie nutzen.
Für die Nutzer:innen schafft der AI Act ein Stück Sicherheit:
Entscheidungen sollen nachvollziehbar und anfechtbar sein.
Doch selbst mit diesem Gesetz bleibt die Herausforderung:
Die Technik entwickelt sich oft schneller als die Politik reagieren kann.
Deshalb braucht es nicht nur Regeln auf dem Papier,
sondern auch die Bereitschaft, sie konsequent durchzusetzen.
Das Individuum – Machtlos oder mitgestaltend?
Und was ist mit uns? Was können wir tun?
Ehrlich: Oft sind uns die Hände gebunden.
Wer Elon Musks Projekte nicht gutheißt,
kann protestieren – aber stoppen?
Schwierig.
Das Individuum steht einer überwältigenden Technologie gegenüber.
Biases sind oft unsichtbar,
Entscheidungen von Algorithmen undurchschaubar.
Wie sollen wir uns wehren,
wenn wir nicht einmal wissen, wie die Systeme arbeiten?
Hier sind Bildung, Aufklärung und kritisches Denken gefragt.
An den diesjährigen Duderstädter Gesprächen teilzunehmen,
ist ein großartiges Beispiel für das, was Sie tun können.
Unsere Macht liegt darin, nicht wegzuschauen.
Technik nicht blind zu vertrauen, ist kein Pessimismus –
es ist Verantwortungsbewusstsein.
Wir haben die Wahl: Zuschauer:innen bleiben oder Gestalter:innen werden.
Warum das alles wichtig ist
Die Gefahr ist real:
Wenn wir die Kontrolle über KI verlieren,
verlieren wir ein Stück Demokratie, ein Stück Freiheit.
Missbrauch wie der von Elon Musk zeigt:
In den falschen Händen wird KI zur Waffe.
Politik muss handeln,
Unternehmen Verantwortung übernehmen
und wir alle dürfen nicht wegschauen.
Kontrolle ist kein Luxus –
sie ist überlebenswichtig,
wenn wir als Demokratie bestehen wollen.
Wir müssen lernen, KI zu verstehen –
nicht irgendwann, sondern jetzt.
Wer nicht begreift, wie diese Technologie funktioniert,
sie nicht mal zu Fortbildungszwecken einsetzt,
kann nicht unterscheiden, wo KI uns unterstützt –
und wo sie zur Bedrohung wird, wenn sie
Jobs vernichtet,
unsere Kreativität erstickt
oder Demokratien zerstört.
Unwissenheit ist keine harmlose Lücke,
sondern ein Einfallstor
für Manipulation und Machtmissbrauch.
Je weniger wir verstehen, desto größer ist die Gefahr,
von Entscheidungen überrollt zu werden,
die unser Leben direkt betreffen.
Wer nicht versteht, kann nicht widersprechen.
Wer nicht hinterfragt, wird fremdbestimmt.
Deshalb gilt:
Verstehen ist nicht optional –
es ist unsere Verantwortung.
Nur wer versteht, kann mitreden,
eingreifen und gestalten.
Kontrolle beginnt mit Wissen.
Und ohne Kontrolle verlieren wir etwas,
das wir nicht aufs Spiel setzen dürfen:
Unsere Freiheit und unsere Menschlichkeit.
5. Die Rolle der Kirche & Gesellschaft
Die Kirchen haben sich klare Aufträge gesetzt,
zuletzt laut wiederholt im Kontext der Bundestagswahl:
Menschen stärken,
die Schwachen schützen
und Gerechtigkeit fördern.
Aber was heißt das in einer Zeit von Algorithmen
und automatisierten Entscheidungen?
Es heißt, sich einzumischen.
Räume für Gespräche schaffen.
Nicht nur warnen, sondern Orientierung bieten.
Als Digitalpfarrer sehe ich meine Aufgabe genau darin:
Ich teste KI-Anwendungen, erkunde ihre Möglichkeiten und Grenzen.
Warum?
Damit ich weiß, wovon ich spreche.
Damit ich Menschen unterstützen kann,
die sagen: „Das ist mir zu kompliziert“
oder „Was hat das mit meinem Leben zu tun?“
Es hat alles mit unserem Leben zu tun.
Deshalb teile ich mein Wissen in Gemeinden,
halte Workshops und begleite Diskussionen wie diese hier.
Es geht darum, Ängste abzubauen,
aber auch Illusionen zu nehmen.
KI ist kein Allheilmittel.
Aber auch kein Monster.
Sie ist das, was wir aus ihr machen.
Aber – und das ist entscheidend – es liegt nicht nur an mir.
Jeder hier kann etwas tun.
Sie, als Christ:in,
als moralisch integrer Mensch,
als Teil unserer Gesellschaft.
Was können Sie konkret tun?
- Suchen Sie das Gespräch in Ihrer Kirchengemeinde.
Organisieren Sie z.B. Themenabende zu KI und Ethik.
Sie besuchen heute einen,
warum nicht diese Erfahrung „mit nach Hause nehmen“? - Fordern Sie von Politiker:innen klare Regeln ein –
schreiben Sie Mails, unterstützen Sie Petitionen.
Kontaktieren Sie die Menschen,
die am Sonntag das Direktmandat Ihres Wahlkreises gewonnen haben. - Ermutigen Sie Ihre Kinder und Enkel,
Technik nicht nur zu konsumieren,
sondern zu verstehen. - Hinterfragen Sie:
Wo erleichtert mir Technik den Alltag?
Und wo nimmt sie mir die Verantwortung ab? - Setzen Sie sich für diejenigen ein,
die den Anschluss zu verlieren drohen.
Digitale Spaltung beginnt da, wo wir wegschauen.
Die Kirche kann Brücken bauen.
Aber Brücken tragen nur, wenn Menschen darüber gehen.
Es reicht nicht, den Zeigefinger zu heben.
Wir müssen handeln.
Nicht irgendwann – jetzt.
Die Botschaft ist klar:
Technik darf nicht entzweien – sie muss verbinden.
Aber das passiert nicht von allein.
Es braucht Menschen wie Sie, die sagen:
Ich warte nicht ab. Ich gestalte mit.
6. Fazit: Gemeinsam Menschlichkeit bewahren
Die zentrale Frage heute lautet:
Wie können wir auf den Einsatz von KI Einfluss nehmen,
um unsere Menschlichkeit zu bewahren?
Die Antwort liegt nicht irgendwo weit weg – sie liegt bei uns.
Bei jedem Einzelnen hier.
Bei Ihnen.
Bei mir.
Und bei uns als Gesellschaft.
Künstliche Intelligenz ist da.
Sie geht nicht mehr weg.
Sie verändert unser Leben.
Sie stellt uns vor Herausforderungen –
und sie eröffnet uns Chancen.
Wir haben die Wahl:
Lassen wir die Technik über uns entscheiden?
Oder gestalten wir sie mit?
„Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde.“ (Genesis 1,27)
Wir sind geschaffen,
um verantwortlich zu handeln,
die Schöpfung zu bewahren
und dem Leben zu dienen.
KI ist Teil unserer Mitgestaltung dieser Welt.
Doch wie jeder Fortschritt birgt sie das Risiko,
aus der Spur zu geraten.
Deshalb gilt es, nicht passiv zuzusehen.
Gott hat uns Verstand, Herz und Hände gegeben –
zum Prüfen, Erkennen und Gestalten.
„Prüft alles, das Gute behaltet“ (1. Thessalonicher 5,21).
Genau darum geht es:
Wir dürfen offen sein für Neues.
Aber wir müssen hinschauen.
Prüfen.
Hinterfragen.
Das Gute erkennen – und behalten.
Den Rest?
Mutig ablehnen.
Diese Haltung ist ein Auftrag.
An uns alle.
Was nehmen wir heute mit?
- Menschlichkeit bewahren heißt Verantwortung übernehmen:
Technik darf uns nicht beherrschen.
Entscheidungen wollen hinterfragt werden.
Nicht alles, was möglich ist, dient dem Leben. - Als Ebenbilder Gottes tragen wir Verantwortung:
Wir sind berufen, Technik so zu gestalten,
dass sie das Leben schützt,
Beziehungen stärkt
und Gerechtigkeit fördert. - Chancen erkennen, Entmündigung verhindern:
KI kann helfen –
wenn wir wachsam bleiben
und sie dort einsetzen, wo sie dem Menschen dient. - Risiken ernst nehmen:
Biases, Machtmissbrauch und Intransparenz sind Gefahren.
Verstehen ist der erste Schritt zu Kontrolle.
Ohne Wissen verlieren wir Selbstbestimmung. - Kirche und Gesellschaft sind gefragt:
Gemeinden können Räume für Debatten schaffen,
Hoffnung geben und Orientierung bieten.
Doch sie brauchen Menschen, die Brücken bauen –
und andere, die darüber gehen.
Wenn nicht wir, wer dann?
Wenn nicht jetzt, wann?
Ja, KI kann Angst machen.
Aber sie kann auch Werkzeug des Guten sein –
wenn wir sie klug nutzen.
Gott hat uns die Fähigkeit gegeben,
zu erkennen und zu entscheiden.
Nutzen wir sie.
Bewahren wir unsere Menschlichkeit.
Gestalten wir Zukunft – verantwortungsvoll und hoffnungsvoll.
Oder, um es mit den Worten der Schöpfung zu sagen:
„Und siehe, es war sehr gut.“ (Genesis 1,31)
Gut wird es aber nur dann,
wenn wir mit Herz, Verstand und Mut anpacken.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!