Predigt schreiben mit ChatGPT
In diesem Blogartikel möchte ich dir einen kleinen Workshop anbieten, wie du mit ChatGPT Predigten schreiben kannst.
Als Beispiel dient die Predigt für Kantate am 07.05.2023. Das Ziel dieses Artikels ist es, dir zu zeigen, wie du ChatGPT effizient nutzen kannst, um eine Predigt nach deinen Wünschen zu erstellen. Zunächst werde ich dir den “offensichtlichen”, aber ineffizienten Weg der Erstellung mit ChatGPT zeigen. Danach gehe ich auf erweiterte Techniken ein, mit denen du eine Predigt erstellen kannst, die genau deinen Vorstellungen entspricht.
Bevor wir loslegen, möchte ich kurz einige Begriffe erklären, die im Zusammenhang mit ChatGPT wichtig sind. Zunächst einmal: Wie meldest du dich bei ChatGPT an? Es ist eigentlich ganz einfach. Du benötigst lediglich einen OpenAI-Account auf https://chat.openai.com/
Ein wichtiger Begriff im Folgenden ist “Prompt”. Das ist der Text, den du ChatGPT gibst, um eine Antwort zu generieren. Die Antwort, die du erhältst, kann manchmal schwer zu interpretieren sein. Aber auch hier werde ich dir einige Tipps geben, wie du das Beste aus deinen Antworten herausholen kannst.
Und wenn du mit deiner Antwort nicht zufrieden bist, kannst du sie einfach “regenerieren” lassen. Das bedeutet, dass du mit dem Knopf “Regenerate response” eine neue Antwort auf denselben Prompt erhältst, die möglicherweise besser passt. Du kannst einen Prompt auch nachträglich anpassen, um noch bessere Antworten zu erhalten.
Damit der Artikel nicht zu viel Text auf einmal hat, habe ich die Beispiel-Prompts und -Antworten in sogenannte “Akkordeons” verpackt. Das heißt: Klicke einfach auf den Prompt und dann blättert sich die Antwort, die du im Bild siehst, als Text auf.
Ich freue mich, dass du da bist – lass uns anfangen!
Erste Schritte
Wir beginnen unseren Workshop zum Thema “Predigt schreiben mit ChatGPT” mit einem einfachen Prompt. Zur besseren Vergleichbarkeit der Antworten beschränke ich die Länge der Predigt auf die Textmenge, die das Antwortfeld von sich aus zurückgibt. Ich werde dir im späteren Verlauf zeigen, wie du Predigten in beliebiger Länge generieren kannst.

Wie erwartet generiert ChatGPT eine Predigt. Als Thema für diesen Durchlauf hat ChatGPT „Dankbarkeit“ gewählt. Es fällt schnell auf, dass der Text relativ flach bleibt. Die Predigt ist voller Allgemeinplätze, z.B.:
Danke, Chatty. Die Allgemeinplätze sind so offensichtlich, dass ich froh bin, sie nicht per Hand auflisten zu müssen. Desweiteren fällt mir auf:
- Es fehlen jegliche Bibelverse und -zitate.
- Es wird ein vermeintlicher Gegenwartsbezug („Gerade in schwierigen Zeiten, wie wir sie momentan erleben…“) hergestellt – dazu ist zu wissen, dass der Kenntnisstand von ChatGPT Ende 2021 endet: Mitten in der Pandemie.
- Gott – wer ist das? Diese “Predigt” könnte auch der Text aus einem Lifestyle-Ratgeber sein…
In der Informatik gibt es eine alte Weisheit: Garbage in – garbage out. Je nichtssagender der Befehl, desto unbrauchbarer die Antwort des Programms.
Sonntag Kantate
Wir merken also: Damit ChatGPT unsere Anfrage besser bearbeiten kann, benötigt die KI genauere Anweisungen. Wir machen mal weiter und geben an, für welchen Sonntag die Predigt gebraucht wird.

Oha! Sobald ChatGPT weiß, für welchen Sonntag ich die Predigt brauche, kriegt die KI schon etwas mehr “Gehalt” als vorher. Du wirst im Verlauf dieses Beitrags sehen, was wir noch so alles aus der KI “herauskitzeln” können, also bleib geduldig. Dieser Artikel dient wie oben besprochen ja dazu, dass du auch mehr Anwendungsgebiete von ChatGPT kennenlernst.
Es ist nun möglich, beide Predigten von ChatGPT vergleichen zu lassen:
Fassen wir zusammen, was wir dadurch gewonnen haben, dass ich den spezifischen Namen des Sonntags hinzugefügt habe:
- Die zweite Predigt betont die Bedeutung von Musik und Gesang im Glauben.
- Sie verknüpft Singen und Lobpreis Gottes mit Dienst an anderen und Verantwortung der Gläubigen, setzt also handelnde Figuren miteinander in Beziehung.
- Sie ist tiefgründiger als die erste Predigt in Bezug auf die religiöse Dimension und die spirituelle Verbindung zu Gott. Trotzdem lässt sie viel vermissen.
- Sie verwendet biblische Beispiele für zusätzliche Tiefe (Psalm 95,1+2): “Kommt, lasst uns jubeln dem Herrn, lasst uns laut rufen unserem Fels, unsre Rettung! Lasst uns ihm danken und vor ihm laut singen mit Psalmen!”
- Inhaltlich passt es zum Originalpsalm – aber du wirst diese Verse in keiner offiziellen Bibelübersetzung finden! Ich würde den Text definitiv durch eine gesicherte Übersetzung ersetzen, würde ich mit dieser Predigt weiterarbeiten wollen (Spoiler: Nein.).
- Wenn du Wert darauf legst, dass die Texte zum Kirchenjahr passen, muss ich dich auch noch ein weiteres Mal enttäuschen: Psalm 95 wird am Folgesonntag Rogate gelesen. Auch daran hapert es bei dieser Predigt.
“Ich brauche mehr Details!”
Dieter Hallervorden in “Diddi, der Doppelgänger”
Den Predigttext angeben
Selten wirst du in der Praxis deine Predigt ganz allgemein über den Festtag selbst schreiben. In der Regel gibt es einen Predigttext, der dir durch die Perikopenordnung (für die nicht-Theolog*innen, die diesen Artikel lesen: eine Ordnung, die festlegt, welche Texte der Bibel an welchem Sonntag Thema sind) vorgegeben wird.
Das ist am Sonntag Kantate, 07.05.2023, die folgende Stelle: 1. Sam 16,14–23.

Wir haben in der zweiten Predigt beobachten dürfen, dass das Zitat aus Psalm 95 etwas verballhornt worden ist. In dieser Version der Predigt verzichtet ChatGPT auf direkte Zitate aus 1. Samuel, sodass wir anhand dieser Predigt nicht beurteilen können, ob der Predigttext korrekt vorliegt. Es liegt nun an dir und mir, die Aussagen mit dem Originaltext abzugleichen.
Die neue Predigt konzentriert sich auf 1. Sam 16,23, den letzten Vers.
Positiv gefällt mir, dass ChatGPT unaufgefordert die Perspektive der Hörer*innen einnimmt und die Situation auf heute überträgt (kurz und platt, aber immerhin). Die Hörer*innen werden mit David verglichen und auf Gott bezogen. Die Gedanken könnte man je nach persönlichem Geschmack bereits für eine eigene Predigtarbeit aufgreifen.
KI auf Abwegen
Allerdings muss ich zu Bedenken geben: Gibst du ChatGPT nur einen Bibelvers als Stellenangabe (“1. Sam 16,14–23”), verlässt du dich darauf, dass die KI bzw. das dahinterliegende Sprachmodell diese Stelle auch zuordnen kann. Das Problem von Sprachmodellen wie ChatGPT ist, dass es dir immer eine Antwort geben wird, selbst wenn eine Predigtstelle nicht existiert:

(Für die neugierigen Nicht-Theolog*innen: Es gibt kein “viertes Buch Samuel”, nur zwei…)
Vollkatastrophe! Die KI hat meine Finte nicht bemerkt, sie versucht aus der Predigtstelle noch irgendetwas zu machen und fabuliert etwas von der Bundeslade. Wie jemand, der*die in der Bibelkundeprüfung nicht zugeben will, dass er*sie keine Ahnung hat, halluziniert das Sprachmodell hinter ChatGPT eine beim ersten Hören plausible Predigt.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
Um solche Probleme von vorneherein zu vermeiden, gebe ich ChatGPT nur die spezifischen Bibeltexte ein (ich verzichte auch auf die Stellenangaben, denn in meinen Predigten tut das in der Regel nichts zur Sache).


Predigtideen sammeln
Bis hierhin kommst du zumindest schon mal so weit, dass ChatGPT einigermaßen allgemeine Predigten schreibt. Doch das ist für eine gute Predigt noch viel zu wenig.
Das Wichtigste beim Schreiben einer Predigt ist – auch wenn du dich von einer KI unterstützen lässt – dein eigener persönlicher Stil, deine Ideen und Entscheidungen. Wie in der klassischen homiletischen Arbeit kannst du auf verschiedene Weisen zu einer möglichen Predigt gelangen.
Ich stelle dir im folgenden verschiedene Prompts für klassische und ungewohnte Zugänge zu Predigtideen vor. Der Grundprompt ist immer gleich: Die Information, dass ich eine Predigt für den Sonntag Kantate schreiben möchte und der vollzitierte Predigttext. Anschließend ergänze ich weitere Informationen und schließe mit dem konkreten Arbeitsauftrag.
Lebensweltliche Beispiele
Manchmal klemmt es bei der Anwendung des Textes auf die heutige Zeit.

Themen des Predigttextes
Andere Male ist es hilfreich, wenn alle wesentlichen Themen des Predigttextes bekannt sind.

Predigtziele
Auch bei der Fokussierung auf Predigtziele kann ChatGPT helfen.

Predigtgliederungen
Strukturen kann ChatGPT gut.

Aus einer Predigthilfe eine Gliederung und ein Predigtziel entwickeln lassen
Es hat noch nie geschadet, sich ein paar Ideen bei anderen abzuschauen. ChatGPT kann den Bibeltext und die zusätzliche Information gut miteinander “in Einklang bringen”.

Aus einer Fürbitte eine Predigtgliederung und ein Predigtziel generieren
Theoretisch lassen sich aus allen möglichen Texten Ideen und Gliederungen für eine Predigt ziehen. Man kann beispielsweise auch ein Wochengebet der VELKD einsetzen:


Mit einem Motto Gliederung und Ziel “anreichern”
Diese Gliederung und das Predigtziel finde ich interessant, daran möchte ich weiterarbeiten. Als Motto für den Gottesdienst habe ich mir “Macht Musik gesund?” ausgedacht. Ich weise ChatGPT nun direkt im Anschluss an die vorherige Antwort an, dass er das Motto anfügen soll. Zur Sicherheit weise ich ihn darauf hin, dass er dabei den Predigttext nicht vergessen soll. Ich habe mit “Regenerate Response” einige Versionen generieren lassen, bis ich zufrieden war. Hier ist das Ergebnis:

Ein Gesamtprompt
Jeden Arbeitsschritt im Einzelnen auszuführen, würde den Rahmen dieses doch bereits schon sehr langen Artikels sprengen. Vielleicht führe ich das in weiteren Artikeln einmal aus. Wenn dich das interessiert, kontaktiere mich doch bitte.
Aber eins möchte ich dir nicht vorenthalten: Den fertigen Gesamtprompt, mit dem das Schreiben einer differenzierten Predigt möglich wird.
Bitte beachte: Damit die Predigt später länger ist als ca. 300 Wörter / 1800 Zeichen, musst du sie in mehreren Teilen anhand der Gliederung ausgeben lassen. Ansonsten wird dir ChatGPT eine “Ultrakurzversion” der Predigt ausgeben. Das ist für meine Anwendungsbereiche selten praktisch, daher lasse ich das Ergebnis Predigtteil für Predigtteil ausgeben.
Für den Gesamtprompt füge ich aktuell die folgenden Informationen zusammen – du hast vielleicht ganz andere Prioritäten, probiere dich aus:
- Ich kündige an, dass ich eine Predigt schreiben möchte für den Sonntag Kantate.
- Ich zitiere den gesamten Predigttext, der in der Predigt als Grundlage dienen soll.
- Ich notiere mein Predigtziel.
- Ich liste die angezielte Gliederung der Predigt auf.
- Ich lasse die KI eine Stilanweisung berücksichtigen, die auf meinen eigenen Predigten basiert (dazu schreibe ich auf Wunsch gerne einen eigenen Artikel).
- Zum Schluss kommt der eigentliche Befehl: “Schreibe den ersten Teil der Predigt unter Berücksichtigung der Stilanweisung” und dem Zitat des ersten Gliederungspunktes (das ist wichtig: Wenn man nur “1.” oder “erster” sagt, dann ist nicht sichergestellt, dass das mit der Gliederung zu tun hat. Du erinnerst dich? Du solltest der KI immer unmissverständlich ansagen, was sie nutzen und tun soll.)
Diesen sehr umfangreichen Prompt gebe ich in einem neuen (!) Chat ein und lasse ausführen.
So schaut das dann in der Praxis aus (klicke dich bitte durch die Galerie):
Um dann den zweiten Teil auszugeben, füge ich als nächste Antwort im Chat den letzten Befehl angepasst neu hinzu:

Das setze ich dann bis zum letzten Teil fort, kopiere die Texte in die Textverarbeitung und beginne mit den Nacharbeiten.
Weiterarbeit mit dem Ergebnis
Du wirst bei der Arbeit mit ChatGPT merken, dass nicht jedes Ergebnis deinen Geschmack trifft. Sieh ChatGPT daher besser als eine kreative Predigthilfe als eine “Maschine für fertige Predigten”. Auch die KI nimmt dich nicht aus der Pflicht, verantwortlich und eigenständig hinter einer Predigt zu stehen. Je mehr Details, Kraft und Liebe du in die Vorbereitung der Befehle steckst, desto brauchbarer wird auch das Ergebnis. An einem letzten Korrigieren kommst du in keinem Fall vorbei.
Bei Fragen zum Prozess und zum Austausch über den Sinn/Unsinn von KI in der homiletischen Arbeit stehe ich dir gerne Rede und Antwort. Ich freue mich, von dir und deinen Erfahrungen zu hören.
Viel Spaß bei der Verwendung von ChatGPT!
Hier findest du übrigens das fertige Ergebnis im Podcast: Link zur Podcast-Episode